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Politisches Frühstück 2018

GroKo und Jamaika bewegen auch die Schüler

Ein Artikel aus der Leonberger Kreiszeitung von Henning Maak vom 13.01.2018

 

 

Vielleicht war das diesjährige „Politische Frühstück“ im Albert-Schweitzer-Gymnasium (ASG) der Grundstein, wenn es in einigen Jahren doch noch zu einer Jamaika-Koalition im Bundestag kommen sollte. Es war zumindest auffällig, wie gut sich der FDP-Bundestagsabgeordnete Florian Toncar und der Sindelfinger Grünen-Stadtrat Tobias Bacherle, der für seine Partei bei der Bundestagswahl 2017 kandidiert hatte, verstanden und bei einigen Themen Gemeinsamkeiten entdeckten.

 

Diskussionen über Politik ganz ohne Wahlkampf

 

Es begann schon bei der Einstiegsfrage, in der die Politiker die abgebrochenen Jamaika-Sondierungsgespräche bewerten sollten. „Die jetzige Situation schadet der Demokratie nicht“, sagte Bacherle. Selten sei in der Bevölkerung so viel über Politik geredet worden, obwohl überhaupt kein Wahlkampf sei.

 

Toncar verwies darauf, dass die Wahl den Parteien ein schwieriges Ergebnis beschert hätte: „Sechs von sieben angetretenen Parteien haben es geschafft. Und da die extremen Parteien mit ihren 22 Prozent Wählerstimmen nicht regieren wollten, müssen nun die restlichen 78 Prozent eine Regierung hinkriegen“, meinte er. Dass Jamaika abgebrochen wurde, sei richtig gewesen, da an jedem Abend mehr Probleme da gewesen seien als zu Beginn eines Tages und in vielen Schlüsselthemen keine Einigkeit zu erzielen gewesen sei. „In der Fußballersprache würde man sagen: Es ist nach mehrfacher Verlängerung in der 96. Minute abgebrochen worden“, so Toncar.

 

 

 

 

 

 

 

Die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Kurtz, die kurzfristig für den verhinderten Bundestagsabgeordneten Marc Biadacz eingesprungen war, meinte, dass das Parlament das Spiegelbild einer immer kleinteiliger werdenden Gesellschaft sei. Eine Minderheitsregierung hält sie jedoch nicht für das richtige Modell. Das sahen die SPD-Bundestagskandidatin Jasmina Hostert und der ehemalige Linken-Bundestagsabgeordnete Richard Pitterle anders: Hostert fand, dass CDU und SPD mit diesem Wahlergebnis kein Mandat für ein „Weiter so“ erhalten hätten und bei einer Großen Koalition (GroKo) der Diskurs zwischen den großen Parteien fehle. Pitterle meinte, der „Mehltau der GroKo“ dürfe sich nicht fortsetzen, beide seien Wahlverlierer. Eine Minderheitsregierung wäre auch für den AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier eine Option: „Das gibt es in anderen Ländern auch“, meinte er.

 

 

 

 

 

Souveränes Moderatoren-Duo

 

 

Insgesamt verlief die Diskussion zwischen den sechs Politikern sehr fair, es gab weder Zwischenrufe noch Unterbrechungen. Die rund 150 ASG-Schüler der elften und zwölften Klasse verfolgten die Diskussion, die von den beiden Abiturienten Julian Groshaupt und Hendrik Manns souverän geleitet wurde, aufmerksam und mucksmäuschenstill.

Schwerpunkte waren dabei die Themen Sicherheits- und Umweltpolitik. Einig war sich das Politiker-Sextett, dass man angesichts einer bevorstehenden Pensionierungswelle wieder mehr Polizisten ausbilden und diese besser ausstatten müsse, damit sie neuen Aufgaben wie Cyberkriminalität und grenzüberschreitenden Verbrechensstrukturen gewachsen seien. Den Einsatz von so genannten Staats-Trojanern sahen Pitterle und Bacherle kritisch. „Da kann man auch Dinge auf dem Computer platzieren“, warnte Letzterer. Kontrovers wurde zudem über Elektro-Autos und den Ausbau des Stromnetzes geredet.

Nach zwei Stunden voller lebhafter Diskussionen forderte Bacherle die Schüler auf, weiter zu diskutieren – „sei es am Küchentisch oder gerne auch in einer Partei“. Lang anhaltender Beifall war die Folge.